Mit Urteil vom 06.11.2017 erließ das Oberlandesgericht Nürnberg eine Entscheidung über die Mitteilungspflichten eines Polizeibeamten bezüglich Waffensicherstellungen.

In vorliegendem Fall erfuhr ein Polizeihauptkommissar von einem Fall, bei welchem sich ein ihm bekannter Reichsbürger gegen die Sicherstellung seiner Waffen wehren werde. Vorliegend teilte das Gericht die Auffassung, dieser sei dann dazu verpflichtet, dies seiner Dienststelle mitzuteilen.

Der Angeklagte, ein vom Vollzugsdienst freigestellter Polizeihauptkommissar, hatte in seiner Freizeit davon erfahren, dass der anderweitig Verfolgte als Jäger und Schütze Waffen und Munition besaß, die Erlaubnis dafür aber widerrufen worden war. Der Angeklagte wusste auch, dass es sich dabei um einen Anhänger der Reichsbürgerbewegung handelte. Dieser hatte dem Angeklagten mitgeteilt, er werde sich gegen die Sicherstellung durch die Polizeibeamten wehren. Bei dem Einsatz feuerte er elf Schüsse ab, wodurch ein Beamter getötet und zwei verletzt wurden.

Für eine Strafbarkeit wegen eines Tötungs- oder Körperverletzungsdelikts bedarf es aber der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, dass durch das Informieren, ein solches verhindert werden hätte können. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist abzulehnen, wenn die Informationsweitergabe zu keiner Änderung der Einsatzplanung geführt hätte.

Die Anklage wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen mit fahrlässiger Körperverletzung im Amt durch Unterlassen in zwei tateinheitlichen Fällen hatte das Landgericht aus rechtlichen Gründen nicht zugelassen. Auch die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft blieb erfolglos.

OLG Nürnberg, Beschl. v. 06.11.2017 – 1 Ws 297/17

Der Bundesgerichtshof entschied in seiner Entscheidung vom 29.09.2020 –  VI ZR 271/19, wann eine Abrechnung auf Neuwagenbasis bei Beschädigung eines fabrikneuen Fahrzeugs erfolgen darf.

Der Eigentümer eines fabrikneuen Fahrzeugs mit einer Laufleistung von nicht mehr als 1.000 km ist im Falle dessen erheblicher Beschädigung (nur dann) berechtigt, Ersatz der Kosten für die Beschaffung eines Neufahrzeugs zu verlangen, wenn er ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug erworben hat. Die Erwägung, ein repariertes Unfallfahrzeug bleibe wertmäßig hinter einem Neuwagen zurück, lässt den Anspruch auf Ersatz des Minderwertes unberücksichtigt. Die mit dem erhöhten Schadensausgleich einhergehende Anhebung der „Opfergrenze“ des Schädigers ist allein zum Schutz des besonderen Interesses des Geschädigten am Eigentum und an der Nutzung eines Neufahrzeugs gerechtfertigt. Dies gilt aber nur dann, wenn der Geschädigte im konkreten Einzelfall tatsächlich ein solches Interesse hat und dieses durch den Kauf eines Neufahrzeugs nachweist. Nur in diesem Fall ist die Zuerkennung einer den Reparaturaufwand (zuzüglich des merkantilen Minderwerts) übersteigenden und damit an sich unwirtschaftlichen Neupreisentschädigung mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot und dem Bereicherungsverbot zu vereinbaren.

Dem Urteil lag ein Streit der Parteien über die Schadensersatzhöhe aus einem Verkehrsunfall vom 14.11.2017 zugrunde. Der Kläger begehrte mit seiner Klage eine Neuwagenentschädigung in Höhe von 37.923,32 €, für das für einen Kaufpreis in Höhe von 31.181 € neu erworbenen, am 25.10.2017 erstmals zugelassenen, bei dem Unfall beschädigten Fahrzeug. Der Kilometerstand betrug am Unfalltag 571 Kilometer. Das Gutachten der DEKRA wies Reparaturkosten von 5.287, 43 € brutto und eine Wertminderung von 1.000 € aus. Der Klage wurde in Höhe von 37.918,32 € stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hin wurde das Urteil abgeändert und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 6.180,54 € zu zahlen. Mit der Revision verfolgte der Kläger die Neuwagenentschädigung in Höhe von 31.787,78 € weiter.

 

Eine wesentliche Entscheidung zu dieser Frage klärte der Bundesgerichtshof in einem Urteil des Jahres 2017. Nach dem Beschluss des BGH vom 11.07.2017 ist Mittäter i.S.d. § 25 II StGB, wer einen Beitrag zur Tat so leistet, dass dieser als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten erscheint und umgekehrt.

Um Mittäter zu sein, muss nicht zwingend am Kerngeschehen mitgewirkt werden. Die Unterscheidung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe ist vom Richter durch eine Gesamtbetrachtung aller Umstände zu prüfen. Dabei ist vor allem auf den Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, den Umfang der Tatbeteiligung und zumindest den Willen zur Tatherrschaft abzustellen.

Der Angeklagte reiste mit zwei weiteren Personen nach Deutschland. Ihr Plan war es wertvolle Kfz zu entwenden und diese selbst nach Litauen zu fahren. Der Angeklagte wusste, dass die anderen beiden die Fahrzeuge entwenden würden und ohne seine Mithilfe nicht möglich sein würde die Tat zu verwirklichen. Er sollte dafür 500€ erhalten.

BGH, Beschl. v. 11.07.2017 – 2 StR 220/17

In seiner Entscheidung vom 03.05.2017-XII ZB 415/16 entschied der Bundesgerichtshof, dass der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt tatsächlichen Grenzen unterliegt.

Der Unterhalt eines Kindes umfasst die Kosten einer angemessenen Ausbildung zu einem Beruf. Dabei schuldet das Kind einen einheitlichen Ausbildungsgang, welche der Begabung, den Fähigkeiten und dem Leistungswillen des Kindes am besten entspricht. Zusätzlich gewahrt werden, müssen die Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern.

Demnach kann ein einheitlicher Ausbildungsgang auch dann gegeben sein, wenn das Kind zunächst nach Erlangung des Abiturs eine Lehre absolviert und erst danach ein Studium beginnt. Voraussetzung hierfür ist das Bestehen eines engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs sowie eine sinnvolle Ergänzung der beiden Ausbildungsinhalte.

Eine feste Altersgrenze, ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Die Verpflichtung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Unter Berücksichtigung aller Umstände muss den Eltern die Leistung von der Zahlung von Unterhalt noch zumutbar sein. Es hängt also auch davon ab, inwieweit die Eltern damit rechnen müssen, zu Unterhaltszahlungen verpflichtet zu werden. Hiernach ist jeweils eine Einzelfallentscheidung zu treffen. Die Verpflichtung zur Zahlung wird daher umso weniger in Betracht kommen, je älter das Kind bei Abschluss seiner praktischen Berufsausbildung ist. Zu berücksichtigen ist der zeitliche Zusammenhang zwischen Lehre und Studium sowie die Umstände des Einzelfalls.

Zur Eigenbedarfskündigung einer Kommanditgesellschaft gilt es Besonderheiten zu beachten. Eine Kommanditgesellschaft (KG) kann Wohnräume nicht aufgrund von Eigenbedarf kündigen, weder für sich, noch für Familien- oder Haushaltsangehörige, da „Eigenbedarf“ hier bereits begrifflich nicht in Betracht kommt. Eine Kündigung wegen „Betriebsbedarf“ kommt nur dann in Betracht, wenn betriebliche Gründe gerade die Nutzung der gekündigten Wohnung notwendig machen. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn das Wohnen des Mitarbeiters nach seiner betrieblichen Aufgabe und Funktion gerade in dieser Wohnung von nennenswertem Vorteil ist. Zu diesem Ergebnis kam der 8. Senat des BGH mit seinem Urteil vom 29.03.2017 (VIII ZR 44/16) und bestätigte damit seine Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 23.05.2007, VIII ZR 122/06).

Urteil vom 23.05.2007, VIII ZR 122/06).

 

 

 

Zur Thematik Verbrauchsgüterkauf im Gebrauchtwagenkauf erließ der Bundesgerichtshofs ein Urteil vom 12.10.2016 ein Urteil zur Beweislastumkehr.

Sollte bei einem Gebrauchtwagen innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang ein Mangel auftreten und der Käufer dies beweisen kann, wird zu Gunsten des Käufers die Beweislast umgekehrt; richtlinienkonforme Auslegung des § 467 BGB. Der Käufer muss nicht beweisen, aufgrund welcher Ursache der Mangel aufgetreten ist und auch nicht, dass dieser in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt.

Außerdem ist zu Gunsten des Käufers davon auszugehen, dass ein Mangel, welcher sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang zeigt, bereits bei Gefahrübergang vorlag. Auch hierbei ist § 476 BGB richtlinienkonform auszulegen.

Der Kläger hatte bei der Beklagten, einer Autohändlerin, einen Gebrauchtwagen gekauft. Nachdem er 13000km damit gefahren war, schaltete das Automatikgetriebe nicht mehr selbstständig in den Leerlauf und der Motor starb ab. Eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung blieb erfolglos, weshalb der Kläger den Rücktritt erklärte. Die Klage war auf Rückzahlung des Kaufpreises sowie auf verschiedene Aufwendungs- und Schadensersatzansprüche gerichtet.

 

BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 08.03.2017 wurde die Thematik Einschleusung von Ausländern nach Abschluss des Rückführungsverfahrens strafrechtlich beleuchtet.

Werden Ausländer von einem Schleuser eingeschleust, so macht sich dieser auch dann nach § 96 AufenthG strafbar, wenn das Rückführungsverfahren des betroffenen Ausländers abgeschlossen ist. Es kommt dabei weder zu einem Entfallen der Tatbestandsmäßigkeit, noch der Rechtswidrigkeit. So der BGH mit Urteil vom 08.03.2017 (AZ 5 StR 333/16).

 

Ein Ehevertrag kann als insgesamt sittenwidrig angesehen werden, wenn alle im Vertrag enthaltenen Regelungen zusammen darauf abzielen, einen Ehegatten einseitig zu benachteiligen. Hierzu erließ der Bundesgerichtshof im Jahre 2017 einen familiengerichtlichen Beschluss.

Sittenwidrigkeit ist dann anzunehmen, wenn Umstände hinzukommen, die auf eine Ungleichbehandlung hindeuten. Dies ist der Fall bei Ausnutzung einer Zwangslage, einer sozialen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit oder bei intellektueller Unterlegenheit.

Dem Beschluss lag ein Streit der Parteien über den nachehelichen Unterhalt zugrunde. Sie hatten im Ehevertrag beiderseits auf den nachehelichen Unterhalt verzichtet, sowie Zugewinn- und Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Grund dafür war, dass die Mutter des Ehemanns die Übertragung von Geschäftsanteilen ihres Unternehmens an den Ehemann vom Abschluss des Ehevertrages abhängig gemacht hatte. Die Ehefrau, welche sich auf die Unwirksamkeit des Ehevertrages berufen hatte, hatte bis zur Eheschließung als gelernte Bürokauffrau gearbeitet, danach als Sekretärin im Familienunternehmen. Seit der Diagnose von Multiple Sklerose ist die Ehefrau zu 100 % schwerbehindert und bezieht Erwerbsminderungsrente. Der Ehemann erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Vermietung, Verpachtung und aus Kapitalvermögen.

Zwar gilt im Ehevertragsrecht der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Allerdings unterliegen Eheverträge der richterlichen Inhaltskontrolle gemäß §138, §242 BGB. Daher ist zu überprüfen, ob im Zeitpunkt des Zustandekommens bereits eine derartige einseitige Lastenverteilung besteht, dass ein Verstoß gegen die guten Sitten angenommen werden muss. Ist dies nicht gegeben, muss eine Ausübungskontrolle nach § 242 BGB stattfinden.

BGH, Beschl. v. 15.03.2017 – XII ZB 109/16

Ist in einem vorformulierten Arbeitsvertrag eine Probezeit sowie eine Kündigungsfrist festgelegt und wird dabei nicht unmissverständlich deutlich, dass die Kündigungsfrist erst nach Ende der Probezeit gelten soll, so ist der Arbeitsvertrag dahin gehend zu verstehen, dass der Arbeitgeber bereits ab Beginn des Arbeitsverhältnisses nur mit der von ihm festgelegten Kündigungsfrist kündigen kann. Die zweiwöchige Kündigungsfrist des § 622 III BGB findet dann keine Anwendung. Dies wurde vom Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 23.03.2017 entschieden.

In dem zugrundeliegenden Fall haben die Parteien über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gestritten. Der Arbeitsvertrag bezog sich auf einen Tarifvertrag, nach welchem innerhalb der ersten drei Monate der Probezeit das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von einer Woche gekündigt werden konnte. Für die restlichen drei Monate der Probezeit sollte die zweiwöchige Kündigungsfrist des § 622 III BGB gelten. In dem Arbeitsvertrag war in einer weiteren AGB außerdem geregelt, dass die Kündigungsfrist sechs Wochen zum Monatsende beträgt. Der Arbeitnehmer erhob Klage zum Arbeitsgericht auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf der sechswöchigen Kündigungsfrist zum Monatsende und nicht bereits mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist beendet wurde.

BAG, Urt. v. 23.03.2017 – 6 AZR 705/15