Kinder im Straßenverkehr
Kinder sind die schwächsten Verkehrsteilnehmer. Sie haben beim Spielen auf der Straße die Gefahr nicht vor Augen, kommen zwischen parkenden Autos auf die Straße gerannt, schätzen Geschwindigkeiten falsch ein und können Geräusche nicht immer richtig orten. Seit dem 01.08.2002 ist die Stellung des Kindes bei Unfällen im Straßenverkehr durch den Gesetzgeber erheblich verbessert worden. Dies gilt sowohl für das Kind als Unfallopfer wie auch für das Kind alsUnfallverursacher.
So lange ein Kind das zehnte Lebensjahr nicht vollendet hat, muss weder das Kind selbst noch seine Eltern, den Schaden ersetzen, den ein Kind durch einen Unfall verursacht hat. Vor dem 01.08.2002 war die Altersgrenze noch das siebte Lebensjahr.
Wenn ein Kind beim Spielen einem Ball auf die Straße nachläuft und ein Autofahrer dabei vor Schreck in ein parkendes Auto fährt, dann muss nach heutiger Rechtslage der erwachsene Unfallbeteiligte oder der Fahrzeughalter für den entstandenen Schaden haften. Wenn das Kind bei dem Unfall verletzt wird, hat es sogar einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Eltern haften regelmäßig nicht für ihre Kinder. Zwar haben diese grundsätzlich die Pflicht, ihr Kind zu überwachen und vor Selbstgefährdung zu schützen. In Wohngebieten wird aber von den Eltern nicht verlangt, dass sie ihre Kinder unentwegt unter Kontrolle halten. Insbesondere auf Spielstraßen dürfen Eltern mit einer vorsichtigen und vorausschauenden Fahrweise der Autofahrer rechnen.
Kinder, die noch nicht das siebente Lebensjahr vollendet haben, sind für Schäden, die sie anderen zufügen, nie verantwortlich. Kinder die das siebente Lebensjahr bereits vollendet haben werden nicht geschützt bei Schäden, die sie vorsätzlich herbeigeführt haben. Wird beispielsweise ein parkendes Fahrzeug zu einer Torwand umfunktioniert, so geht man regelmäßig davon aus, dass ein acht oder neun Jahre altes Kind weiss, dass ein Auto dabei beschädigt werden kann. Setzt das Kind sich dann über diese Tatsache hinweg, wird je nach Einzelfall voraussichtlich Vorsatz angenommen werden.
Aber auch Jugendliche bis zum achtzehnten Lebensjahr sind nicht schlechthin verpflichtet, verursachte Schäden zu ersetzen. Die Voraussetzung für eine Haftung ist, dass der Jugendliche intellektuell in der Lage ist, die Gefährlichkeit seines Tuns oder Unterlassens zu erkennen und er zumindest fahrlässig gehandelt hat.
Allerdings wird die Schuldfähigkeit bei einem Kind über zehn Jahren vermutet. Hierbei obliegt es dem Kind, vertreten durch die Eltern, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen und die Gründe darzulegen, warum diese Vermutung für das eigene Kind nicht gelten soll.
Eine behutsame und intensive Verkehrserziehung bleibt nach wie vor unerlässlich, auch wenn diese viel Geduld und Zeit in Anspruch nimmt.
Marc Foaual, Rechtsanwalt