Ein Ehevertrag kann als insgesamt sittenwidrig angesehen werden, wenn alle im Vertrag enthaltenen Regelungen zusammen darauf abzielen, einen Ehegatten einseitig zu benachteiligen. Hierzu erließ der Bundesgerichtshof im Jahre 2017 einen familiengerichtlichen Beschluss.
Sittenwidrigkeit ist dann anzunehmen, wenn Umstände hinzukommen, die auf eine Ungleichbehandlung hindeuten. Dies ist der Fall bei Ausnutzung einer Zwangslage, einer sozialen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit oder bei intellektueller Unterlegenheit.
Dem Beschluss lag ein Streit der Parteien über den nachehelichen Unterhalt zugrunde. Sie hatten im Ehevertrag beiderseits auf den nachehelichen Unterhalt verzichtet, sowie Zugewinn- und Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Grund dafür war, dass die Mutter des Ehemanns die Übertragung von Geschäftsanteilen ihres Unternehmens an den Ehemann vom Abschluss des Ehevertrages abhängig gemacht hatte. Die Ehefrau, welche sich auf die Unwirksamkeit des Ehevertrages berufen hatte, hatte bis zur Eheschließung als gelernte Bürokauffrau gearbeitet, danach als Sekretärin im Familienunternehmen. Seit der Diagnose von Multiple Sklerose ist die Ehefrau zu 100 % schwerbehindert und bezieht Erwerbsminderungsrente. Der Ehemann erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Vermietung, Verpachtung und aus Kapitalvermögen.
Zwar gilt im Ehevertragsrecht der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Allerdings unterliegen Eheverträge der richterlichen Inhaltskontrolle gemäß §138, §242 BGB. Daher ist zu überprüfen, ob im Zeitpunkt des Zustandekommens bereits eine derartige einseitige Lastenverteilung besteht, dass ein Verstoß gegen die guten Sitten angenommen werden muss. Ist dies nicht gegeben, muss eine Ausübungskontrolle nach § 242 BGB stattfinden.
BGH, Beschl. v. 15.03.2017 – XII ZB 109/16