Das Landgericht Frankfurt a. M. hat den Angeklagten, einen heute 43 Jahre alten philippinischen Staatsangehörigen, der seit 1998 – zuletzt illegal und unter verschiedenen falschen Namen – in Deutschland lebt, wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in zwei Fällen als Mitglied einer Bande handelnd, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Es hat zudem die Einziehung von knapp 22 g sichergestellten Rauschgifts angeordnet.
Nach den Feststellungen des Landgerichts bezog der Angeklagte im Jahr 2006 in fünf Fällen von philippinischen Kontaktleuten jeweils mindestens 20 g Metamfetaminhydrochlorid, das er zum kleineren Teil selbst konsumierte, zum überwiegenden Teil jedoch gewinnbringend weiterverkaufte. Das Rauschgift, das in der Szene unter den Namen „Crystal-Speed“, „Ice“ oder „Shabu“ geläufig ist, wurde jeweils versteckt in Bücherattrappen über verschiedene Kurierdienste auf dem Luftweg nach Deutschland verbracht.
Das Landgericht hat sachverständig beraten den Grenzwert für die nicht geringe Menge Metamfetamin mit 5 g Metamfetaminhydrochlorid angenommen und deshalb den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Es ist hierbei bewusst von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen, der durch zwei Entscheidungen aus dem Jahr 2001 die Grenze bei 30 g Metamfetaminbase oder 35 g Metamfetaminhydrochlorid gezogen hatte.
Der Senat hat in der Hauptverhandlung vom heutigen Tag zwei toxikologische Sachverständige zu Fragen der Wirkung und Gefährlichkeit von Metamfetamin angehört. Unter Berücksichtigung der hierbei gewonnenen Ergebnisse beabsichtigt der Senat, den Grenzwert für eine nicht geringe Menge Metamfetamin auf 5 g Metamfetaminbase oder umgerechnet ca. 6 g Metamfetaminhydrochlorid festzulegen. Der Bundesgerichtshof hatte sich bei seiner 2001 erfolgten Grenzziehung an der Wirkstoffgrenze für andere Amfetaminderivate orientiert und dies damit begründet, es erscheine im Hinblick auf die Wirkungsähnlichkeiten sinnvoll, für derartige sog. Designerdrogen einheitliche Grenzwerte festzusetzen. Nach der Anhörung der Sachverständigen hält der Senat eine Gleichstellung von Metamfetamin mit anderen Amfetaminderivaten dagegen nicht für sachgerecht. Von einer vergleichbaren Wirkung ist nicht auszugehen; vielmehr entsprechen Wirkung und Gefährlichkeit von Metamfetamin eher derjenigen der Kokainzubereitung „Crack“.
Zur Bestimmung der nicht geringen Menge geht der Senat von einer durchschnittlichen, für nicht gewohnte Konsumenten an der Grenze zu einer gesundheitsgefährdenden Dosis liegenden Konsumeinheit von 25 mg Metamfetaminbase aus. Unter Berücksichtigung einer Maßzahl von 200 Konsumeinheiten folgt hieraus der Grenzwert von 5 g Metamfetaminbase, was gerundet 6 g Metamfetaminhydrochlorid entspricht.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat beschlossen, bei den anderen Strafsenaten anzufragen, ob sie an ihrer bisherigen Rechtsprechung zu dem Grenzwert der nicht geringen Menge bei Metamfetamin festhalten.
Urteil vom 11. September 2008 – III ZR 212/07
Beschluss vom 6. August 2008 – 2 StR 86/08
Landgericht Frankfurt (Main) – Urteil vom 24. August
2007 – 5/30 KLs 5141/5102 Js 236293/06 AGr (3/07)
Karlsruhe, den 6. August 2008
Pressestelle des Bundesgerichtshofs